Dissoziation, dissoziieren, dissoziiert sein Dissoziation bedeutet Trennung, Abspaltung: eine globale Erfahrung wird innerlich in einzelne Komponenten zerlegt, wobei sich das Bewusstsein auf einzelne Komponenten richtet und alle anderen ausblendet (nach Yapko 1995, 115).
Das Konzept der Dissoziation wird sehr frei in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Beispiele:
(1) Weil Bewusstsein ein Auswahl-Prozess ist, sind wir die ganze Zeit von irgendetwas dissoziiert. Wenn wir z.B. in bestimmten Kontexten eine bestimmte Ressource nicht erleben, dann sind wir von dieser Ressource dissoziiert. Jedes "Problem" beinhaltet eine Dissoziation von Erfahrungs-Komponenten des inneren Raumes oder des äußeren Umfeldes.
(2) Dissoziation kann auf verschiedene Arten erlebt werden (Wolinsky 1993 (1991), 132ff.):
(a) als Dissoziation von einem inneren Zustand, von einem Gefühl, einer Empfindung, einer Emotion, z.B. im Erleben (jemand ist unfähig, bestimmte Gefühle zu empfinden) oder in der Interpretation ("Der Zorn ist über mich gekommen").
(b) als Dissoziation von einem Körper-Teil: mangelnde Körper-Wahrnehmung oder mangelnde Identifikation mit Symptomen des Körpers.
(c) als Dissoziation von äußeren Reizen, z.B. in einem Tagtraum versunken zu sein.
(3) Hypnose oder Trance ist immer mit Dissoziation verbunden: das Bewusstsein ist mit den hypnotischen Prozeduren beschäftigt, während das Unbewusste dem Gesagten eine Bedeutung für das eigene Leben gibt (transderivationale Suche).
(4) Die übliche Bedeutung von Dissoziation im NLP ist die Dissoziation von Gefühlen, von der Intensität des Erlebens. Dissoziiert wird hier als Gegenteil von assoziiert verstanden. Es bedeutet: Abstand haben, nicht voll dabei sein, nicht zugehörig sein, innerlich Distanz halten, emotional wenig beteiligt sein, einen Außen-Standpunkt einnehmen. Viele Änderungs-Techniken des NLP verwenden die Fähigkeit zur Dissoziation. Am Ausgangspunkt steht meist die Vorstellung oder das Erleben eines Problem-Zustandes ( stuck state), der positiv verändert werden soll. In der Regel erfolgt hier eine schnelle Dissoziation: d.h. Menschen werden angeleitet oder leiten sich selbst an, "aus dem Problem herauszugehen", sich davon zu dissoziieren. (In manchen Fällen ist es jedoch angebracht, auch den Problem-Zustand länger assoziiert zu erleben, z.B. für Menschen, die ohnehin ständig dissoziiert sind. Auch bei manchen Techniken, wie der Neuprägung, kann dem Erleben des Problem-Zustandes ein Eigenwert zukommen).
© Walter Ötsch