Trance, Hypnose, hypnotische Trance Sammelbegriff über eine Klasse "veränderter" Bewusstseins-Zustände (passive Perspektive) bzw. über einen Kommunikations-Prozess, bei dem eine Person A (z.B. ein Therapeut) eine Person B (z.B. einen Klienten) so beeinflusst, dass B von A suggerierte Erfahrungen erlebt (Kommunikations-Perspektive; vgl. Yapko 1995, 8). Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition von Trance (vgl. die Überblicke bei Gilligan 1991 (1987), 51ff. und Yapko 1995, 24ff.).
NLP bezieht sich in seinem Trance-Verständnis auf Milton Erickson, der von Bandler und Grinder intensiv modelliert wurde. (Als Zusammenfassung ihrer Arbeit publizierten sie das Milton-Modell: Bandler und Grinder 1996 (1975), Grinder, Delozier und Bandler 1977, Grinder und Bandler 1987 (1981)).
Erickson war ein konsequenter Pragmatiker. Er vertrat einen "nicht-theoretischen" Standpunkt und hat auch keine "Theorie" der Trance entwickelt. (Erickson u.a. 1991 (1976), 333; Walker 1996, 219ff.). Trance wird von ihm gelegentlich so definiert: "Eine tiefe Hypnose ist jene Hypnosestufe, die es dem Patienten erlaubt, auf einer unbewussten Verarbeitungsebene angemessen und direkt zu funktionieren, ohne dass der bewusste Verstand sich einmischt". "Therapeutische Trance ist eine Periode, bei der es einem Patienten gelingt, aus seinem gewöhnlichen Bezugsrahmen und seine Überzeugungen auszubrechen, sodass er innerlich andere Funktionsmuster und Assoziationen erleben kann, welche die Problemlösungsfähigkeit fördern". (Zitate nach Gilligan 1991 (1987), 61).
Als Charakteristika des Trances-Begriffes von Erickson werden genannt (Erickson u.a. 1991 (1976), 333ff.):
(1) Trance ist ein Zustand hochfokussierter, nach innen gerichteter Aufmerksamkeit: der Fokus des Bewusstseins ist auf ein einziges Thema, eine Geschichte, einen Gegenstand, ... gerichtet.
(2) Diese Fokussierung wird durch eine hohe Motivation der Person entwickelt, die "in Trance geht".
(3) Trance ist ein aktives Lernen auf einer unbewussten Ebene.
(4) Im Zustand der Trance "funktioniert" der Geist "auf eine andere Weise".
(5) In Trance "scheinen die Dinge wie von selbst zu geschehen". (Meist gibt es ein "Beobachtungs-Ich", das den "automatisch" ablaufenden "Innen-Prozess" beobachtet).
Trance definiert sich in Abgrenzung zu gewöhnlichen Zuständen (oft "Wachbewusstsein" genannt). Der Begriff Trance bezieht sich auf ein Kontinuum von Zuständen unterschiedlicher Intensität. An einem Ende des Kontinuums befinden sich "Tief-Trance-Phänomene", wo eine Person sich "völlig in unbewusster Verarbeitung vertieft" (Gilligan 1991 (1987), 62ff.). Am anderen Ende des Spektrums befinden sich Zustände, die sich nur graduell vom Wach-Bewusstsein unterscheiden bzw. sogar Varianten davon sind.
Manche Autoren definieren Trance als Alltagsphänomen. Trance ist hier nur ein anderes Wort für innerer Zustand (vgl. Grinder und Bandler 1987 (1981), 22): Menschen gehen die ganze Zeit von einer Trance in die nächste, ohne sich dessen bewusst zu sein (Wolinksy 1995 (1993)). (Die Wahrnehmungs-Prozesse der meisten Menschen in einer Kultur laufen so ab, dass sie das wahrnehmen, was diese Kultur als "Realität" definiert: die Menschen einer Kultur konstruieren gemeinsam eine kulturelle Trance).
In der Hypno-Therapie ist Trance vor allem durch unwillkürliche, d.h. ideosensorische und ideomotorische, teilweise bewusstseins-ferne innere Prozesse charakterisiert, die ein breites Spektrum klinischer Interventionen ermöglichen. Als typische Trance-Phänomene gelten hier:
(1) Veränderungen des körperlichen Zustandes,
(2) Verschiebung des Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsfokus,
(3) Dissoziation / Assoziation,
(4) Katalepsie (körperliche Starre) / Hyperaktivität
(5) ideomotorische Reaktionen / automatische Bewegungsabläufe
(6) Zeitverzerrung
(7) Altersregression (eine Person fühlt sich jünger) / Altersprogression
(8) Amnesie (Erinnerungsverlust) / Hypermnesie (gesteigertes Erinnerungsvermögen)
(9) Analgesie (Schmerzunempfindlichkeit) / Anästhesie (Empfindungslosigkeit)
(10) negative Halluzinationen ("Dinge" werden nicht gesehen / gehört/ gefühlt ...) / positive Halluzinationen ("Dinge" werden gesehen, die nicht da sind).
Trance wird im NLP in all diesen Varianten verwendet. Die meisten, wenn nicht alle NLP-Interventionen beinhalten als integrale Bestandteile Trance-Induktionen und Trance-Utilisationen (Ein Beispiel für eine Trance-Induktion). Jede Sprache enthält nach NLP hypnotische Elemente. NLP-erfahrene Menschen sind im Erkennen und in der Anwendung der hypnotischen Sprachmuster des Milton-Modells geübt. Mit den Verfahren und Methoden des NLP werden Menschen angeleitet, innere Zustände gezielt zu erleben. Das intensive Erlebnis eines Zustandes induziert eine Trance, einen mehr oder weniger starken hypnotischen Zustand. Das gilt sowohl für Ressourcen-Zustände als auch für Problem-Zustände (Nach Wolinsky 1995 (1993) enthält jedes Symptom-Erleben eine Mixtur mehrerer Tief-Trance-Phänomene).
Die Durchführung von NLP-Methoden und die Anwendung von NLP-Methoden basiert in vielen Fällen auf der Fähigkeit, andere Menschen in Trance zu führen und aus Trance herauszuführen. Im Unterschied zur Hypnotherapie handelt es sich meist um kurze und "inoffizielle" Trancen, die oft nicht als solche thematisiert werden. Intensive NLP-Arbeit mit anderen Personen ist oft von einer gemeinsamen (intrapersonellen) Trance begleitet. Personen, die NLP zur Selbststeuerung nützen, entwickeln die Fähigkeit, gezielt in Trance zu gehen.
Die folgende Stichworte bezeichnen einzelne Phasen in der Arbeitsweise von Erickson. Sie kann (sehr vereinfacht) in vier Schritte eingeteilt werden (vgl. O´Hanlon 1995, 123ff.; Gilligan 1991 (1987). 82ff. und Grinder, Delozier und Bandler 1977, 237ff.):
(1) Trance-Induktion,
(2) Trance-Ratifizierung,
(3) Trance-Utilisation, und
(4) Trance-Beendigung.
Weitere Literatur: Zeig 1988 (1980), Hammond 1990, Haley 1996.
© Walter Ötsch