Prädikate (1) Die traditionelle Grammatik unterscheidet u.a. nach Subjekt, Objekt und Prädikat. Durch das Prädikat werden auf das Subjekt bezogene Handlungen, Vorgänge und Zustände bezeichnet, - z.B. das Wort lesen im Satz: "Sie lesen gerade im Wörterbuch".
(2) "Im NLP wird der Begriff "Prädikat" so gebraucht wie in der Logik. Hier sind Prädikate alle sprachlichen Ausdrücke, die zur näheren Bestimmung eines Gegenstandes gebraucht werden können. Sogenannte einstellige Prädikate bezeichnen die Eigenschaften eines Gegenstandes" (z.B. "ist interessant" im Satz "Logik ist interessant"), "sogenannte mehrstellige Prädikate stellen Beziehungen zwischen mehreren Gegenständen her, wie z.B. in dem Satz "Max ist kleiner als Helene". Das Prädikat ist hier "ist kleiner" und beschreibt eine Beziehung zwischen Max und Helene, nicht eine persönliche Eigenschaft von Max oder Helene." (Jochims 1995, 105f.).
(3) NLP konzentriert sich auf eine Klasse von Prädikaten, die "sinnesspezifische Prädikate" genannt werden (in vielen NLP-Texten ist verkürzt nur von "Prädikaten" die Rede). Sinnesspezifische Prädikate sind Prädikate, die sich auf eine bestimmte Klasse von Sinnes-Wahrnehmungen beziehen, z.B. auf etwas Sehbares, etwas Hörbares oder etwas Fühlbares. Visuelle Prädikate sind z.B.: "deutlich", "Einsicht gewinnen", "Absicht". Auditive Prädikate sind: "harmonisch", "Ausrede", "stimmig". Kinästhetische Prädikate sind: "warm", "Kontakt suchen", "schwerfällig". Liste von Prädikaten.
Die Bedeutung sinnesspezifischer Prädikate für Kommunikation entdeckten Bandler und Grinder beim Studium von Mitschriften (Transkripten) von Therapie-Sitzungen von Perls, Satir und Erikson. Drei wichtige Befunde waren (vgl. Walker 1996, 259ff.):
(1) Die Prädikate, die eine Person unbewusst beim Sprechen wählt, sind nicht willkürlich, sondern spiegeln das Repräsentations-System wider, das diese Person gerade bewusst erlebt. Prädikate liefern einen Hinweis darauf, welches Repräsentations-System eine Person eben verwendet.
(2) Menschen neigen dazu, in bestimmten Kontexten ihr inneres Erleben bevorzugt in bestimmten Repräsentations-Systemen zu organisieren. Man spricht hier vom bevorzugten Repräsentations-System.
(3) Der bewusste Einsatz von Prädikaten in Kommunikation hat Einfluss auf die Kommunikation. Um sich einer Person anzugleichen, sie zu spiegeln, ist es günstig, Prädikate ihres bevorzugten Repräsentations-Systems zu verwenden. Beim Sprechen vor Publikum oder im Unterricht ist es günstig, eine ausgewogene Mischung von Prädikaten zu benutzen.
Sinnesspezifische Prädikate lenken die bewusste Aufmerksamkeit anderer auf bestimmte Anteile ihrer inneren und äußeren Erfahrung. Sie sind eine Möglichkeit, andere Menschen in Kommunikation zu führen. Viele Techniken des NLP basieren auf der Fähigkeit, Prädikate bei anderen zu erkennen und Prädikate bewusst beim Sprechen einzusetzen.
Literatur: Eine Übersicht über empirische Studien zur Bedeutung von Prädikaten für Rapport findet sich bei Weerth 1994 (1992), 236.
© Walter Ötsch