Metapher Sammelbegriff für Analogien, Vergleiche, Geschichten, Märchen, Parablen, Mythen, ... Das Wort Metapher kommt aus dem Griechischen. Pherein bedeutet tragen und meta bedeutet jenseits oder hinüber. "Die Funktion der Metapher besteht darin, unser Wissen von einem Kontext in den anderen zu übertragen, über den ursprünglichen Kontext hinaus in einen neuen" (O´Hanlon 1995 (1987), 83). Bei Metaphern werden ähnliche oder analoge Eigenschaften benutzt, um ein unbekanntes Ding durch ein bekanntes zu erklären.
Der Begriff Metapher wird im NLP mit unterschiedlicher Reichweite verwendet:
(1) Sprachliche Metaphern sind Sprach-Muster, bei denen eine Erfahrung in Form einer Analogie, einer Ähnlichkeit, mit Verweis auf etwas anderes, ... repräsentiert wird. Sprachliche Metaphern sind Teil unserer Alltagssprache. "Metaphern sind Möglichkeiten über Erfahrungen zu reden" (18): "Dieses Wörterbuch ist spannend wie ein Krimi", "Mein Arm fühlt sich an wie Blei", "Ich habe Hunger wie ein Wolf".
(2) Für Gordon (und Grinder) ist Sprache selbst eine Metapher. Sprache bezieht sich auf innere Erfahrungen, die nur der Person zugänglich sind, die sie hat (Gordon 1995 (1978), 18). Worte sind Repräsentationen von Erfahrungen, und somit Metaphern (36). Dies bedeutet, "dass jede verbale Verständigung auf einer metaphorischen (und damit unvollständigen) Repräsentation einer tatsächlichen Erfahrung beruht" (18).
(3) Die weiteste Deutung von Metaphern findet sich bei Lakoff und Johnson (1980. Auf dieses Buch wird in NLP-Texten manchmal Bezug genommen). Lakoff und Johnson argumentieren, dass jede Art der Wahrnehmung metaphernhaft erfolgt. Menschliches Denken und Handeln sei grundlegend von Metaphern geprägt. Jedes Denk-System, jedes Begriffs-System, jedes Modell sei seinem Wesen nach eine Metapher oder eine Sammlung von Metaphern. Lakoff und Johnson unterscheiden u.a. nach :
(a) strukturellen Metaphern, bei denen ein Begriff metaphorisch durch einen anderen Begriff strukturiert wird ("Zeit ist Geld", "Es ist schwer, Gedanken in Worte zu fassen" - als ob Gedanken so etwas wie Objekte wären, 1980, 10ff.).
(b) Orientierungs-Metaphern, z.B. die Verwendung räumlicher Vorstellungen für abstrakte Dinge ("Dies ist eine hochqualifizierte Arbeit", - als ob die Arbeit hoch oben in der Luft hängen würde, 14ff.).
(c) ontologischen Metaphern, zur Erklärung von Realität ("Der Geist funktioniert wie ein Computer" Computer-Metapher des Geistes), - manchmal auch in Form von Personifizierungen ("Ich habe von NLP gelernt, dass ich ...", 25ff.). Menschen können nach Lakoff und Johnson Realitäten nur in Form von Metaphern wahrnehmen (ähnlich bei Lankton 1980). Metaphern spielen eine zentrale Rolle bei der Konstruktion sozialer und politischer Realitäten ( Soziales-Panorama-Modell). Jede Kultur basiert grundlegend auf einer Metapher. (Die Kultur der Neuzeit basiert auf der Maschinen-Metapher, mechanistisches Welt-Bild).
Sprachliche Metaphern haben mit zwei Bereichen zu tun (Derks 1995b, 144f.). Jemand erzählt eine Geschichte über eine Rose (Bereich B) und meint "eigentlich" einen Menschen (Bereich A). A ist der Bereich, auf den sich die Metapher bezieht, aber über den nicht gesprochen wird. B ist der Bereich, auf den sich die Metapher nicht bezieht, über den aber gesprochen wird. Metaphorische Kommunikation ist ein Prozess, bei dem (bewusst oder unbewusst) Elemente von A in Elemente von B übersetzt werden, und von da wieder rückübersetzt werden.
© Lucas Derks 1997
Metaphern finden im NLP weite Verbreitung. Metaphern sind ein hervorragendes Instrumentarium, um innere Zustände bei anderen zu verändern, und um Ressourcen zu aktivieren. Metaphern lösen beim Zuhörer einen Prozess der transderivationalen Suche (Ableitungssuche) aus, um dem Gehörten Sinn zugeben. Metaphern können eine Dissoziierung von einem Problem bewirken, wenn das Problem in einen anderen (weniger belastenden) Kontext (Bereich B) gestellt wird.
Metaphern erlauben es, auf indirekte und oft sehr wirksame Art, eine Vielzahl von Kommunikations-Zielen zu erreichen, z.B. (vgl. Derks 1995b, 152f.):
(a) um die Aufmerksamkeit anderer zu erringen (z.B. am Anfang einer Rede eine Geschichte erzählen),
(b) um komplizierte Sachverhalte zu illustrieren,
(c) um Trancen zu induzieren,
(d) um kreative Prozesse in Gang zu setzen, oder
(e) um elegant Feedback zu geben.
Metaphern wirken auf Zuhörer und Metaphern kann man sich selbst erzählen (autosuggestive Metaphern, z.B. in Form von Affirmationen). Metaphern sind gut geeignet, Identitäts-Vortstellungen bei sich und anderen zu beeinflussen ("Ich bin wie eine Sonne, die andere erwärmt"). Intensiv erlebte Metaphern ("Ich bin wie ein Löwe") können das Denken und Verhalten in früher als problematisch erlebten Kontexten verändern (und Menschen veranlassen, so zu handeln, als ob sie die Metapher wären).
Hammond beschreibt drei Grundtypen von Metaphern im therapeutischen Kontext (1990, 37):
(1) Metaphorische Geschichten über Hintergründe und Erfahrungen des Therapeuten (z.B. Geschichten über frühere Klienten),
(2) Wahrheits-Metaphern: Geschichten von so allgemeiner Bedeutung, dass ein Klient nur zustimmen kann (z.B. eine Geschichte von der Sonne, die jeden Tag auf- und untergeht),
(3) Metaphern, die eine strukturelle Ähnlichkeit zu Problemen von Klienten haben. Diese Kategorie wird auch als isomorphe Metapher-Geschichten bezeichnet. Isomorphie bedeutet Strukturgleichheit. Eine isomorphe Metapher-Geschichte handelt von Personen / Tieren / Märchenwesen / ..., die in einer Beziehungs-Struktur stehen, die gleich oder ähnlich der Beziehungs-Struktur der reale Personen im Problem ist. Ein Mann hadert z.B. mit seiner Frau und mit seinem Sohn, weil der Sohn Dinge tut, die der Mann nicht billigt, und die Frau sich dabei schützend vor den Sohn stellt. Eine dazu isomorphe Metapher-Geschichte könnte von einer Schiffsmannschaft handeln, wo der Schiffsjunge (Repräsentant für den Sohn) die falschen Segel setzt, worauf der Steuermann (für die Mutter) versucht, die Segel neu zu setzen, bevor der Kapitän (für den Vater) davon Wind bekommt, usw. (O´Hanlon 1995 (1987), 84ff. nennt dieses Konstruktions-Prinzip das "Modell der Klasse von Problemen / Klasse von Lösungen").
Ein Fall-Beispiel dazu: Die Katze und der Papagei
Literatur: Beispiele für die Konstruktion isomorpher Metapher-Geschichten finden sich bei Gordon 1995 (1978), 39ff.; Cameron-Bandler 1992 (1978), 134ff. und Mohl 1996a (1993), 231ff.
Metaphern sind Teil der Arbeitsweise von Milton Erickson ( Milton-Modell). Erickson kommunizierte oft in Metaphern. Er sprach über ein Thema und bezog sich indirekt auf ein ganz anderes Thema. Erickson bevorzugte eine indirekte, metaphorische Vorgehensweise, die es Leuten gestattete, ihre eigenen Interpretationen vorzunehmen. Metaphorische Kommunikation, wie sie Erickson praktizierte, wird auch "parallele Kommunikation" genannt. Sie handelt gleichzeitig von zwei Bereichen (A und B), z.B. von einer Geschichte und dem Problem in einer isomorphen Metapher-Geschichte.
Andere Beispiele paralleler Kommunikation sind nach O´Hanlon (1995 (1987), 81ff.):
(a) Witze (zur humoristischen Klarstellungen eines wichtigen Aspektes im Problem),
(b) Rätsel, um ein Problem zu reframen, d.h. aus einer neuen Perspektive zu betrachten,
(c) Wortspiele über das Problem,
(d) symbolische Aufträge an den Klienten (z.B. den geplanten Rausschmiss eines untreuen Ehemannes aus dem gemeinsamen Haus zu spielen, indem ein vollgepackter Koffer mehrmals in den Vorgarten geworfen wird),
(e) symbolische Handlungen durch den Therapeuten (ein Finger in den Mund gesteckt symbolisiert Geschlechtsverkehr) und
(f) Reden mit einer Person, während eine andere gemeint ist.
Eine Metapher zum Belief-Gedanken: Das Märchen vom Tempel der tausend Spiegel.
Weitere Literatur: Gilligan 1991 (1987), Araoz 1993, Erickson und Rossi 1994 (1989), Haley 1996 (1993) und Zeig 1988 (1980). Eine Sammlung von Hunderten Metaphern für therapeutische Zwecke findet sich in Hammond 1990.
© Walter Ötsch