Das Wörterbuch des NLP

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Inkongruenz, inkongruent Gegenteil von Kongruenz, kongruent. Inkongruent bedeutet "nicht-übereinstimmend". Eine Person kommuniziert inkongruent, wenn sie "Botschaften durch ihre Outputkanäle vermittelt, die nicht zusammenpassen oder nicht kompatibel sind." (Bandler und Grinder 1994b (1976), 55). Kongruenz bedeutet, dass "sich alle Teile hinsichtlich Ihres Verhaltens in einem bestimmten Kontext in Übereinstimmung befinden" (Dilts 1995 (1989), 220).

Inkongruenz ist z.B. gegeben, wenn die verbalen und die nonverbalen Signale einer Person nicht übereinstimmen. Bei simultaner Inkongruenz geschieht die Nichtübereinstimmung gleichzeitig. Ein Bekannter sagt z.B. "Ich freue mich, dass ich Dich sehe" und geht dabei mit dem Körper etwas zurück. Bei sequentieller Inkongruenz geschieht die Nichtübereinstimmung hintereinander, z.B. wird eine verbale Aussage durch eine nachfolgende nonverbale Äußerung wieder aufgehoben. Jemand sagt: "Ich freue mich auf diese Aufgabe" und schüttelt anschließend den Kopf. Inkongruenzen können sich auch in der Stimme ausdrücken, wenn Inhalt und Untereigenschaften (wie Klang, Betonung, Lautstärke) nicht miteinander übereinstimmen. (Inkongruenzen sind immer vor dem Hintergrund einer Kultur zu sehen. Inder z.B. schütteln den Kopf von einer Seite zur anderen, wenn sie Ja sagen).

Menschliche Kommunikation umfasst nach Bateson (1983 (1972)) immer zwei Aspekte: einen Inhalts-Aspekt und einen Beziehungs-Aspekt. Der Inhalts-Aspekt beschreibt den verbalen, digitalen Teil einer Botschaft, der Beziehungs-Aspekt den nonverbalen, analogen Teil der Botschaft. Bateson ordnet diese Aspekte logischen Ebenen zu: der Beziehungs-Aspekt ist ein Kommentar zum Inhalts-Aspekt, eine hierarchisch übergeordnete Meta-Botschaft zum Inhalt der Botschaft. Bei Widersprüchen zwischen diesen Ebenen, d.h. bei inkongruenter Kommunikation, ist nach Bateson der analoge Teil (die Beziehungs-Informationen) "wahrer" und "aussagekräftiger" als der digitale Teil (die Inhalts-Informationen), weil er die "wahre Natur" der Gefühle und Intuitionen einer Person widerspiegelt. (vgl. Bandler und Grinder 1994b (1976), 43).

Bandler und Grinder lehnen diese Sichtweise entschieden ab (45ff.):

(1) Anstelle des binären Systems von Bateson (zwei Unterteilungen) unterscheiden sie eine Fülle von Output-Kanälen. Auf jedem Output-Kanal ist eine gesonderte Botschaft möglich. Botschaften auf unterschiedlichen Output-Kanälen werden Para-Botschaften genannt. Diese Klassifikation erlaubt es, multiple Inkongruenzen zu erkennen. (Inkongruenzen können z.B. rein nonverbaler Art sein: eine Geste mit der rechten Hand "passt nicht" zur linken Hand).

(2) Para-Botschaften sind keine hierarchisch geordneten Meta-Botschaften, sondern werden der gleichen logischen Ebene zugeordnet. Jede Para-Botschaft gibt einen Teil der Modelle der Welt einer Person wider. Widersprüchliche Para-Botschaften weisen auf inkonsistente Welt-Modelle hin. Sie werden unterschiedlichen Teilen im Unbewussten zugeordnet. Jeder Teil wird prinzipiell als gleichberechtigt anerkannt und jeder drückt seine "Wahrheit" aus. Jeder Teil wird als Ressource interpretiert und jedem Teil wird eine gute Absicht unterstellt.

Die Begriffe "kongruent" und "inkongruent" können sich auf einzelne Verhaltens-Sequenzen oder auf eine Person als Ganzes beziehen. (Eine einfache Klassifikation von vier Arten inkongruenter Kommunikation findet sich in den Satir-Kategorien). Inkongruente Menschen wirken wenig glaubwürdig: sie werden als verwirrt, unentschieden, inkonsistent ... erlebt. Die Wahrnehmungs-Techniken des NLP zielen auch darauf hinaus, inkongruentes Verhalten zu erkennen, um angemessen darauf reagieren zu können. Für die therapeutische Arbeit schlagen Bandler und Grinder
(1) die Aufteilung inkongruenter Para-Botschaften in Polaritäten vor, welche
(2) dann, von einer Meta-Position aus, so koordiniert werden, dass diese Polaritäten als Ressource wirken können.

Ein Ziel der Veränderungs- und Selbststeuerungs-Techniken des NLP ist die Integration widersprechender Teile in einer Person und die Herausbildung einer kongruenten Persönlichkeit.

 

© Walter Ötsch